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Moondog: Vermächtnis für die Menschheit

 

Mit Louis Thomas Hardin, genannt Moondog, entdeckt die Musikwelt gerade einen der eigenwilligsten Künstler der Geschichte neu.

Selten erleben große Seelen zu Lebenszeiten die Würdigung durch ihre Mitmenschen. Zu visionär sind ihre Gedanken, zu wirksam ihre Taten, als dass sie im Alltag verstanden würden. Wer wüsste das besser als alle Heiligen dieser Welt?
Gerade erfährt einer der markantesten Allroundkünstler Amerikas des 20. Jahrhunderts, Louis Thomas Hardin, seine posthume Wiederentdeckung. Unter dem Namen Moondog widmete der blinde Komponist, Instrumentenbauer und Gedichteschreiber sein Leben dem Kontrapunkt, der wichtigsten Kompositionstechnik der Renaissance und des Barock. Eine Zweitstimme umspielt musikalisch das Thema der Hauptstimme als Antwort. Damit wurde er zum Erfinder der sogenannten Minimal Music.

Kontrapunkt: Ein Liebesspiel

Für Moondog, Sohn eines Wanderpredigers, war es das musikalische Liebesspiel von Seele und Gott. Und damit sowohl das Urthema der Musik als auch seines eigenen Lebens. Als Liebender auf dem Weg zu Gott verlegte er seinen Lebensmittelpunkt auf die Straßen Manhattans. Dort spielte er die Zither zu Umweltgeräuschen, schlug die Trommel und verkaufte Gedichte an Passanten. Musiker der New Yorker Philharmoniker sollen ihn zu Proben mitgenommen haben, und Charlie Parker soll vorgehabt haben, mit Moondog eine Platte aufzunehmen. Parker, der Jazzer, starb, bevor es dazu kommen konnte. Den Namen Moondog soll sich Hardin selbst verpasst haben, weil sein Blindenhund so gern den Mond anheulte.

Moondog: Ein genialer Inspirator

In den siebziger Jahren kam Moondog nach Deutschland, inszenierte sich in Recklinghausen als Wikinger und fand jahrelang, bis kurz vor seinem Tod, ein Zuhause bei einer Familie im Münsterland. Moondog starb am 8.9.1999. Was hätte er nicht alles dafür gegeben, nur einen einzigen Tag später zu sterben. Er verehrte die Zahl Neun als göttlich, glaubte, Gott offenbare sich im neunten Ton der Obertonreihe, die er als kosmischen Ton begriff. Blind war Moondog, seit er mit 16 auf eine Dynamitstange getreten war, auf der Blindenschule entdeckte er klassische Musik, lernte mehrere Instrumente und notierte erste Kompositionen in Blindenschrift.
Für die meisten war er bloß ein exzentrischer Sonderling. Doch vielen Künstlern gilt er erst heute als genialer Inspirator. Kein künstliches Produkt der Musikindustrie, sondern jemand, der sogar Bach zu korrigieren wusste. //

Informationen:
www.moondogscorner.de
»Moondog. Rare Material«
Roofmusic,
23,99 Euro

 

 

Abgedruckt in theo. Katholisches Magazin 01/2015.

http://www.theo-magazin.de